Startseite » Studie zur KI in der Augenheilkunde
Es wurden 22 Interviews mit Fachpersonen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz geführt (Augenärzte & Augenoptik/Optometrie-Assistenten) und mit dem theoretischen Rahmen NASSS Framework („Nonadoption, Abandonment, Scale-Up, Spread, Sustainability“) ausgewertet.
1. Anwendungsfälle und Nutzungspotenzial
Die Befragten sahen großes Potenzial bei bildbasierten Systemen – z. B. für das Erkennen Diabetischer Retinopathie (DR), Altersbedingter Makuladegeneration (AMD), Glaukom und Keratokonus. Besonders hilfreich wurde dabei die KI-Unterstützung bei Routinediagnostik gesehen (z. B. Screening, einfache Auswertungen) sowie bei komplexen Fällen, wo die menschliche Aufmerksamkeit irgendwann ausgeschöpft ist oder viele Bilder auswertet werden müssen.
2. Technische und workflowbezogene Anforderungen
Bei der Wahl der KI ist die Benutzerfreundlichkeit (Usability) entscheidend: Ein Tool muss schnell erlernbar sein, mit wenigen Klicks und möglichst nahtlos in den Workflow integriert werden können. Wichtig ist außerdem: Die KI sollte mehrere Datenquellen integrieren können (z. B. OCT, Druckwerte, Perimetrie). Augenoptiker und Optometristen sollten also bei der Implementierung von KI-Tools auf die Geräte-Infrastruktur und Schnittstellen achten (z. B. wie OCT oder Perimeter). Ohne das droht Mehraufwand statt Entlastung.
3. Wertversprechen (Value Proposition)
Die Befragten erhofften sich mehrere Vorteile den dem Einsatz der KI in der Berufspraxis. Die wichtigsten waren: Effizienzgewinne (z. B. Zeitersparnis bei der Befunderstellung), Verbesserung der Behandlungsqualität (z. B. höhere Erkennungsrate, weniger Fehler) und Arbeitserleichterung. Allerdings verlieren diese Vorteile einer dauerhaften Nutzung an Bedeutung, wenn der Aufwand (z. B. für Einführung, Schulung, Workflow-Änderung für den Einsatz der KI) größer ist als der Nutzen. Vor dem Einsatz in der Praxis sollte man sich daher fragen: In welchem Bereich lohnt sich die KI wirklich? Welche Routineaufgabe kann ich mit ihr verbessern?
4. Persönliche und organisatorische Voraussetzungen
Auf der anderen Seite müssen die Nutzer von KI Interesse, Offenheit und digitale Kompetenz mitbringen sowie ein realistisches Verständnis ihrer Grenzen haben. Darüber hinaus ist eine ausreichende Infrastruktur in den Betrieben notwendig. Dazu gehören neben aktuellem IT-Equipment und kompatiblen Geräte, stabile Datenverbindungen und geschultes Personal.
5. System- und gesellschaftliche Rahmenbedingungen
Als system- und gesellschaftliche Rahmenbedingungen nennen die Forschenden zusammenfassend Regulierungen von z. B. Datenschutz oder Medizinprodukt-Zulassungen als Schlüsselfaktoren, die die Entscheidung für oder gegen KI beeinflussen. Die Wirtschaftlichkeit eines Tools bleibt ebenfalls ein dominierendes Thema, denn: Wer ohne klaren Ertrag investieren muss, setzt nichts um! Daher ist für Augenoptik-Betriebe essenziell die Wirtschaftlichkeit eines Tools zu überprüfen. Außerdem sind es gerade ältere Kunden und Patienten, die der KI skeptisch gegenüberstehen. Daher ist in diesem Fall die richtige Kommunikation wichtiger denn je.
6. Langfristige Integration und Nachhaltigkeit
KI-Tools laufen nicht von Beginn an einwandfrei – und genau das kann abschreckend wirken. So besteht das Risiko, dass das KI-Tool direkt wieder abgeschafft wird, wenn es sich nach der Einführung nicht sofort effizient in den Alltag integrieren lässt oder zusätzlichen Aufwand macht. Außerdem besteht die Gefahr, dass sich das Fachpersonal zu sehr auf die KI verlässt und dadurch selbst nachlässiger arbeitet – eine bewusste „Überwachung“ der KI bleibt wichtig.