ZVA-REPORT PLUS

Ausgabe Nov. 2025

Augenoptik-Experten treffen sich in Frankfurt

Beim diesjährigen ZVA-Fortbildungsseminar der öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen des Augenoptikerhandwerks erhielten die Teilnehmenden vertiefte Einblicke in aktuelle Forschung, neue Leitlinien sowie in rechtliche Rahmenbedingungen, die für gutachterliche Tätigkeit zunehmend relevant werden können.
Personalisierte Therapie von trockenen Augen konform mit den neuen DEWS III Empfehlungen

Dr. med. Ludger Hanneken, Smart Dry Eyes GmbH, stellte die aktualisierten DEWS-III-Empfehlungen vor, die einen klaren, strukturierten Ansatz zur Diagnostik und Therapie des Trockenen Auges formulieren. Zentral ist eine systematische Anamnese, die von Augenheilkundlern, Augenärzten, Optometristen und auch Augenoptikern durchgeführt werden kann.

Besonders praxisrelevant:

  • Optometristen und Augenoptiker können wesentliche Voruntersuchungen übernehmen, die im DEWS-III-Prozess vorgesehen sind.
  • Die Ergebnisse dieser Voruntersuchungen ermöglichen eine qualifizierte, strukturierte Weiterleitung an Augenärztinnen und Augenärzte, die anschließend die medizinische Behandlung übernehmen.
  • Eindrücklich stellte Dr. Hanneken dar, dass Meibographie und Lidrandpflege durchaus fachgerecht im augenoptischen Umfeld durchgeführt werden können – ein wichtiger Beitrag zur Versorgungsqualität für Betroffene mit Meibomdrüsen-Dysfunktion.

Dr. Haneken betonte zudem, dass seine Einrichtung Optometristen und Augenoptikern eine Kooperationsmöglichkeit anbietet, um sich in der Versorgung des Trockenen Auges stärker zu vernetzen.

 

Neue Erkenntnisse zur Nachtmyopie

Prof. Dr. Philipp Hessler (EAH Jena) widmete seinen Vortrag einer kritischen Analyse gängiger Lehrmeinungen zur Entstehung der Nachtmyopie. Viele Erklärungsmodelle, die seit Jahrzehnten zum Basiswissen in der augenoptischen Fortbildung zählen, wurden anhand aktueller Studien fundiert hinterfragt.

Zu den Punkten, die Prof. Hessler wissenschaftlich neu einordnete, zählen:

  • der Kohlrauschknick,
  • die Purkinje-Verschiebung,
  • und die Rolle der sphärischen Aberration infolge einer erweiterten Pupille bei der nächtlichen Autofahrt.

Ein zentrales Ergebnis: Die genannten Faktoren spielen nach aktuellem Forschungsstand bei der praktischen Ausprägung der Nachtmyopie eine deutlich geringere Rolle als bisher angenommen. Für die gutachterliche Praxis ist diese Neubewertung besonders relevant, falls Nachtmyopie in fahreignungsbezogenen Fragestellungen auftritt.

 

Paradigmenwechsel in der Diagnostik und Therapie von Netzhauterkrankungen

Unter dem Titel „Paradigmenwechsel in Diagnose und Therapie von Netzhauterkrankungen“ präsentierte Priv.-Doz. Ing. DDr. Gregor S. Reiter, BA MSc (Wien) einen umfassenden Überblick über den aktuellen Stand der ophthalmologischen Forschung.

Im Fokus stand insbesondere die altersabhängige Makuladegeneration (AMD). Dr. Reiter zeigte, wie moderne bildgebende Verfahren, neue Therapieansätze und die fortschreitende Digitalisierung – bis hin zu KI-gestützten Auswertungen – die Diagnostik und Therapie grundlegend verändern. Seine Darstellung war fachlich hoch präzise und bot den Teilnehmenden wertvolle Orientierung für die Beurteilung in entsprechenden Gutachten.

 

Augenscreening – rechtliche Vorgaben, zulässige Werbeaussagen

Der juristische Vortrag von Carsten Schmitt, Justiziar und Abteilungsleiter des ZVA, behandelte zentrale rechtliche Leitplanken für Werbung und Durchführung von Screenings im augenoptischen Umfeld.

Kernpunkte:

  • Der Optometrist bzw. Augenoptiker darf niemals den Eindruck erwecken, eine ärztliche Untersuchung zu ersetzen.
  • Das entscheidende Element in der Kommunikation ist ein klarer Hinweis: „Diese Untersuchung ersetzt nicht den Besuch bei einer/m Augenärztin/Augenarzt.“
  • Dieser Hinweis muss nicht schriftlich erfolgen – eine mündliche Aufklärung genügt.
  • Rechtskonform dürfen alle nicht-invasiven Untersuchungsmethoden angewendet werden, deren Zweck darin besteht, Auffälligkeiten zu erkennen und bei Bedarf eine Empfehlung zum Arztbesuch auszusprechen.

 

Wichtig für die gutachterliche Sicherheit:

Wenn der Augenoptiker eine nicht-invasive Untersuchung durchführt und eine Auffälligkeit nicht erkennt, haftet er nicht, sofern der Kunde zuvor klar darüber informiert wurde, dass das Screening keine medizinische Diagnostik ersetzt.

 

Fazit und Bedeutung für die Sachverständigenarbeit

Die Vorträge machten deutlich, wie dynamisch sich sowohl die fachliche als auch die rechtliche Grundlage des augenoptischen Berufs weiterentwickelt. Für die Sachverständigen war der Austausch besonders wertvoll, da aktuelle wissenschaftliche Erkenntnisse und juristische Klarstellungen unmittelbar Einfluss auf die Erstellung von Gutachten haben.

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