Startseite » Zukunft der Augenoptik-Ausbildung: Gemeinsam gestalten
Rainer Hankiewicz, Vorsitzender des ZVA-Berufsbildungsausschusses, machte deutlich, dass die Ausbildung in der Augenoptik vor einer doppelten Herausforderung steht: Zum einen führen die demografischen Entwicklungen zu einem strukturellen Rückgang potenzieller Bewerberinnen und Bewerber, zum anderen verändert sich der Arbeitsmarkt dynamisch. Rainer Hankiewicz erklärte, selbst wenn der Arbeitnehmermarkt nicht mehr so angespannt sei wie vor einigen Jahren, dürfe man sich auf eine Entspannung nicht verlassen.
Ein zentrales Ergebnis des Berichts: Der wichtigste Zugang zur Ausbildung bleibt das eigene Brillentragen – sowohl für Auszubildende als auch für Betriebe, die diesen persönlichen Bezug als stärksten Anknüpfungspunkt für die Nachwuchsgewinnung sehen. Betriebliche Praktika spielen ebenfalls eine zentrale Rolle, während Ausbildungsmessen und Angebote zu Berufsberatungen an Bedeutung verlieren.
Trotz vorhandener Ausbildungskompetenz scheitert das Engagement vieler Betriebe häufig an begrenzten Ressourcen – etwa an fehlendem Personal oder teurer Werkstattausstattung. Hinzu kommt: Die Zufriedenheit der Auszubildenden sinkt vom ersten bis zum dritten Lehrjahr spürbar. 36 Prozent derjenigen, die ihre Zukunft nicht im aktuellen Betrieb sehen, wollen die Branche ganz verlassen. Hankiewicz betonte, dass dies ein Warnsignal sei, aber auch eine Chance. Wer die Vielfalt der Augenoptik erlebt habe, bleibe dem Beruf oft verbunden, auch wenn der Weg zunächst in eine andere Richtung führe.
Im Anschluss an den Bericht diskutierten unter Leitung von ZVA-Präsident Christian Müller die Unternehmerin Anna-Magdalena Reichow (Die Optrie, Regensburg), Daniela Steinkämper (Optik Viehoff Gruppe), Dr. Carolin Truckenbrod und Rainer Hankiewicz über die Zukunft der Ausbildung.
Auf die Frage, wie sich gute Bedingungen für junge Menschen schaffen ließen, erklärte Reichow, Auszubildende müssten Teil des Unternehmens sein und nicht nur „der Azubi“. Es gelte, Gesellen und Nachwuchskräfte nicht nur an den eigenen Betrieb, sondern an die ganze Branche zu binden.
Steinkämper hob hervor, dass eine moderne Unternehmenskultur entscheidend sei. Sie sagte, es brauche Kommunikation auf Augenhöhe und die Art, wie geführt und gearbeitet werde, verändere sich nicht nur alle 30 Jahre, sondern jedes Jahr. Caroline Truckenbrod verwies darauf, dass der praktische Bezug wichtig sei. Junge Menschen müssten verstehen, warum sie etwas lernten. Woraufhin Herr Hankiewicz ergänzte, lebenslanges Lernen beginne bereits in der Ausbildung und dies solle als Teil der Meisterverantwortung verstanden werden.
Die Diskutanten machten deutlich, dass erfolgreiche Nachwuchsarbeit vielfältig gedacht werden müsse. Steinkämper berichtete, dass die Viehoff-Gruppe trotz zentraler Strukturen auf betriebsspezifische Strategien setze – etwa auf Kennenlerntage, um realistische Einblicke in den Berufsalltag zu ermöglichen. Reichow berichtete von ihrem Konzept der “gläsernen Werkstatt”: Schon Kinder sollten spielerisch Einblicke in den Beruf erhalten und so früh Kontakt zur Augenoptik knüpfen. Truckenbrod warb für die stärkere Forderung internationaler Erfahrungen. Viele entschieden sich für ein Studium, weil sie ein Auslandspraktikum reize; das wäre aber auch in der Ausbildung möglich – man müsse es nur bekannter machen.
Zum Abschluss wurde der Blick geweitet: Wie kann die Branche die Zukunft gemeinsam gestalten?
Rainer Hankiewicz rief dazu auf, stärker an der Basis zu kommunizieren und das eigene Engagement sichtbar zu machen. Er erklärte, es sei zwar mitunter mühsam, abends noch auf einer Berufsorientierungsveranstaltung zu stehen, doch genau dort beginne Begeisterung.
Auch die Bedeutung des Ehrenamts wurde hervorgehoben. Uwe Schulz aus NRW erinnerte daran, dass ehrenamtliches Engagement bereits im Gesellenprüfungsausschuss beginne und eine tragende Säule des Berufsstands sei. Der Nachwuchs, so Hankiewicz, müsse künftig stärker in die Arbeit der Innungen und Verbände eingebunden werden: Man brauche junge Menschen – nicht irgendwann, sondern jetzt.
Anna Reichow schlug vor, neue Azubis gleich zu Beginn der Ausbildung mit einer Willkommensbotschaft der Innung zu erreichen – etwa mit einer Karte, die ihnen Erfolg wünscht und auf die Angebote des Verbands hinweist.
Die Diskussion endete mit einem klaren Signal: Die Breite und Vielfalt der Ausbildung muss erhalten bleiben, zugleich braucht es Mut zur Modernisierung. Themen wie die Aktualisierung der Gesellenverordnung oder neue Schwerpunkte im Rahmenlehrplan werden die kommenden Monate prägen.
ZVA-Präsident Christian Müller fasste zusammen, dass nur, wenn Betriebe, Schulen und Verbände gemeinsam handelten, die Zukunft des Berufs gesichert werden könne. Oder, wie es im Motto des Verbandes heißt: „Gemeinsam gestalten.“
Fotos: ZVA/Peter Magner



