Verpflichtender Wiederholungssehtest: Schutz für sich und andere im Straßenverkehr

Vom 27. bis 29. Januar 2016 trifft sich der Deutsche Verkehrsgerichtstag in Goslar zum 54. Mal. Das Thema Sehen im Straßenverkehr fehlt diesmal im Programm des wichtigen Kongresses rund um das Verkehrsrecht, der Verkehrspolitik und -medizin. Dabei wird das schlechte Sehen und die damit verbundene verminderte Reaktionsfähigkeit eigentlich zunehmend als Unfallursache erkannt und diskutiert. 
 
Es ist unbestritten, dass eine nicht korrigierte Fehlsichtigkeit die Reaktionsfähigkeit und das Einschätzungsvermögen von Kraftfahrern im Straßenverkehr beeinträchtigt. Ein altersunabhängiger, verpflichtender Wiederholungssehtest schützt nicht nur den fehlsichtigen Kraftfahrer vor oft fatalen Folgen, sondern auch alle anderen Verkehrsteilnehmer. Die Resultate der aktuellen Allensbach-Brillenstudie sind dahingehend alarmierend: Von den 40- bis 44-jährigen Kraftfahrern ohne Brille und Kontaktlinsen sagen 34 Prozent, dass sie sich seit sechs Jahren oder länger keinem Sehtest unterzogen haben, bei den 45- bis 49-Jährigen sind das 38 Prozent und und auch noch von den 50- bis 59-Jährigen sind es über ein Drittel (35 Prozent). Auch wenn optimales Sehen am Steuer für alle Altersgruppen eine Pflicht sein muss, so verändert sich gerade in einem Alter von etwa 40 bis 50 Jahren das Sehen massiv, wenn die „Alterssichtigkeit“ einsetzt. In diesem Lebensjahrzehnt verlieren die Augen zunehmend ihre Fähigkeit, kleinere Sehschwächen wie zum Beispiel eine leichte Weitsichtigkeit durch Anpassungsleistungen selbst zu kompensieren.  
 
Nächtliches Autofahren für ältere Menschen besonders schwierig 
 
Dr. Andreas Berke, Schulleiter der Höheren Fachschule für Augenoptik in Köln (HFAK), warnt: „Ältere Menschen haben ein deutlich dunkleres Netzhautbild als junge Menschen, was durch Linsentrübungen und kleine Pupillen zu erklären ist. Hierdurch bedingt gestaltet sich das nächtliche Autofahren für ältere Menschen zusätzlich schwieriger. Ein weiterer wichtiger Punkt, der die Schwierigkeiten in der Dämmerung und der Dunkelheit erklärt, ist die Abhängigkeit der Geschwindigkeit, mit der visuelle Reize verarbeitet werden. Je weniger Licht vorherrscht, desto länger dauert die Verarbeitung von Sehreizen. Dies ist besonders in komplexen Situationen, in denen es auf rasche Reaktionen ankommt, problematisch.“
Aber schlechtes Sehen ist natürlich auch für junge Menschen im Straßenverkehr eine Gefahr. Seitdem der Modellversuch „Begleitetes Fahren ab 17“ ins Dauerrecht übertragen wurde, können Jugendliche bereits einen Monat vor Vollendung des 17. Lebensjahres die praktische Führerscheinprüfung ablegen. Das Sehvermögen dieser jungen Autofahrer wurde demnach durch den Füh-rerscheinsehtest geprüft als sie 15 oder 16 Jahre jung waren (Sehtestbescheinigungen sind zwei Jahre gültig). Nachgewiesen ist aber, dass sich das Sehvermögen bei vielen (kurzsichtigen) Menschen viele Jahre darüber hinaus ganz erheblich verschlechtern kann.
 
Optimales Sehen im Straßenverkehr ist aus den oben genannten Gründen sowohl für junge als auch ältere Kraftfahrer nicht nur sinnvoll, sondern im Sinne der Sicherheit aller Verkehrsteilnehmer ein absolutes Muss. Der ZVA fordert deswegen seit Jahren die Einführung eines verpflichtenden Wiederholungssehtestes für Führerscheininhaber, der von weit über zwei Dritteln der Kraftfahrer laut Brillenstudie begrüßt würde. Nur 16 Prozent der Befragten lehnen die Einführung ab. 
 
Hinweis an die Redaktionen: 
 
Der Zentralverband der Augenoptiker und Optometristen hat zu diesem Thema ein Positionspapier unter www.zva.de/Positionspapiere online gestellt, das Sie sich dort herunterladen können oder bei Anfrage an presse@zva.de zugesendet bekommen. 
 
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