Erkenntnis in die Politik tragen!

Die Aktion „Gutes Sehen für alle“ endet in diesen Tagen in Berlin mit der Abgabe der letzten von knapp 3000 kostenlosen Brillen an arme Menschen mit der Erkenntnis, dass es einen großen Mangel in der Versorgung mit Sehhilfen bei den Beziehern von „Hartz IV“ und Sozialhilfe gibt.

„Schlechtes Sehen grenzt aus“ sagte Thomas Truckenbrod, Präsident des Zentralverbandes der Augenoptiker (ZVA), bei der Auftaktpressekonferenz im Oktober in Berlin. Eingebettet in die Aktion des Deutschen Caritasverbandes (DCV) „Armut macht krank“ machten die beiden Verbände vom 15. Oktober 2012 über sechs Wochen lang mit der Abgabe der individuell angepassten Brillen an Bezieher von Arbeitslosengeld II und Sozialhilfe auf den politischen Missstand aufmerksam. „Gutes Sehen ist elementar wichtig für die Teilhabe an der Gesellschaft“, bekräftigt Truckenbrod auch am Ende der gelungenen Aktion in der Bundeshauptstadt.

Seit der Gesundheitsreform 2004 und dem weitestgehenden Wegfall der Krankenkassenzuschüsse für Sehhilfen haben weder Hartz IV- noch Sozialhilfeempfänger einen realistischen Zugang zu gutem Sehen, „auf das jeder Mensch ein Recht hat. Deswegen müssen diese Menschen eine Sehhilfe finanziert bekommen“, fordert Caritas-Präsident Peter Neher.

Um die Notwendigkeit zu unterstreichen, versorgten DCV und ZVA über die Einrichtungen der Caritas ausgesuchte Berliner mit kostenlosen Brillen. Über 60 teilnehmende Innungsbetriebe fertigten insgesamt knapp 3000 Brillen in unzähligen Arbeitsstunden neben dem täglichen Betrieb; angefangen mit einer Augenüberprüfung und abschließend mit der fachmännischen optischen wie anatomischen Anpassung der Brillen. „Den Kollegen kann ich nicht genug danken, auch das Zusammenspiel zwischen Caritas und Augenoptikern funktionierte hervorragend. Die 3000 Brillen sind nur ein Tropfen auf den heißen Stein, aber viele Menschen haben jetzt zumindest ein Stück Lebensqualität hinzu gewonnen“, freut sich Truckenbrod über das Engagement der Augenoptiker und das Ergebnis der Aktion.

Wie sehr eine auf die Augen perfekt abgestimmte Brille das tägliche Leben erleichtern kann, zeigten auch die Reaktionen der zwölf Obdachlosen, die im Rahmen eines „Sehtesttages“ von Augenoptik/Optometrie-Studenten der Beuth Hochschule (Berlin) versorgt wurden. Nicht nur die drei Menschen, die nach der Augenüberprüfung direkt in eine augenärztliche Behandlung verwiesen wurden, dürfen sich fortan etwas sicherer auf den Straßen Berlins fühlen.    

Ohne die beiden Sponsoren wäre diese einmalige Aktion indes nicht möglich gewesen. Dem immensen Zeitaufwand und dem Fachwissen der Augenoptiker standen rund 3000 Brillenfassungen der Firma Silhouette und die doppelte Anzahl Brillengläser von Essilor gegenüber. Die beiden Partner aus der Industrie standen mit der Augenoptikerinnung Berlin jederzeit im engen Kontakt, so wurde beispielsweise die Belieferung der Augenoptiker um eine Woche verlängert, da bis zum Aktionsende noch sehr viele Gutscheine in den Betrieben eingelöst wurden.

Dass die Aktion zwischen allen Beteiligten trotz der großen Nachfrage bei den Sozialarbeitern der Caritas nach Gutscheinen für die Sehteste reibungslos lief, ist die gute Nachricht. Die schlechte ist, dass die Zahl der Menschen, die keine Chance auf gutes Sehen haben, sich wie erwartet als noch größer erwiesen hat. Truckenbrod: „Wir müssen diese Erkenntnis in die Politik tragen und weiter auf dieses Problem aufmerksam machen, damit gutes Sehen für alle in unserer Gesellschaft zur Normalität wird.“

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Die Aktion „Gutes Sehen für alle“ in Berlin bestätigte die Erkenntnis, dass Bezieher von Arbeitslosengeld II und Sozialhilfe keinen Zugang zu gutem Sehen haben.